Die Magierakademie von Merina (Bitte nicht mehr eintreten)

"Kein Problem, gern geschehen", sagte Bell freundlich lächelnd, doch als Yehl sich abgewandt hatte, verzog sich ihr Gesicht und ein kalter Schauer lief ihr über den Rücken. Sie schüttelte kaum merklich den Kopf.

"Es sprudelt doch nicht immer aus dir heraus, Akia. Du hast es doch schon einmal kontrolliert und kannst es bestimmt wieder schaffen", sagte Indra aufmunternd und lächelte schwach. Ihre Lippen waren bleich und sie hatte tiefe Augenringe. Dann gähnte sie ein wenig. "Entschuldige, ich bin noch etwas müde."
"Magie schadet doch nicht nur. Dieses Krankenzimmer, meine Heilung... deine Heilung sind der beste Beweis dafür. Und auch das Heilen kann man lernen", sagte Indra zwinkernd. "Ich muss heute Abend mit in die Versammlung und aussagen. Mach dir nicht so viele Sorgen, sie ändern ja doch nichts. Arin und ich sind auf jeden Fall auf deiner Seite."

Der Rest des Unterrichts verlief ereignislos. Die Schüler erreichten ihre Ergebnisse zu Arins Zufriedenheit.
Währenddessen begannen ein paar Angestellte, Eimer, Schaufeln und andere Werkzeuge für die Gartenarbeit auf einen Haufen zu tragen. Dann wurde noch ein großer Beutel mit dem Saatgut verschiedener Pflanzen danebengelegt und einige kleinere Pflanzen, die bereit waren, eingepflanzt zu werden.
"Sehr schön", sagte Meister Arin am Ende zufrieden. "Morgen geht es normal weiter." Mit diesen Worten entließ er die Klasse.

Er ging in sein Arbeitszimmer und machte sich ein paar Notizen für die Versammlung. Er würde nachher vor den anderen Lehrern sprechen und sich verantworten müssen. Möglicherweise würde ihm eine Teilschuld zugesprochen werden, da er zu spät reagiert und Akias Zustand nicht bemerkt hatte.

Akia seufzte leicht. Indras worte konnten sie nur wenig trösten. Sie fühlte sich schuldig und war der Meinung das sie den Zuspruch und die Unterstützung nicht verdient hatte, trotzdem dachte sie zumindest über ihre Gabe einen Moment lang nach. Sie war sich in diesem Augenblich derart unsicher das sie nicht wusste ob sie Indra Glauben schenken oder sie belächeln sollte. Magie konnte gutes tun sicherlich, aber auch ihre Magie?

Nach dem Unterricht zog sich Yehl in die Bibliothek zurück er suchte sich einige Bücher herraus, vorallem Bücher für die Herstellung magischer Gegenstände und studierte diese bis tief in die Nacht, da er eh keinen Hunger verspührte ließ er auch das Abendessen aus. Er machte sich fleißig Notizen und schon bald hatte er einen durchaus zufriedenstellenden Plan wie man das Artefakt herstellen konnte. Kurz vor Morgengrauen legte er die Bücher wieder fein säublerlich zurück und ging auf sein Zimmer um noch für einige Stunden Schlaf zu finden.

"Akia, ich muss nun leider gehen. Meine Arbeit ruft bereits wieder und ich werde heute Abend an der Versammlung teilnehmen müssen. Hör in dich hinein, sicher gibt es einen Weg, wie du deine Ausbrüche beherrschen kannst." Indra stand auf und ging müde zu ihrem Krankenbett zurück um ihre Sachen zu holen.



Während Yehl eine Seite umblätterte, fand er einen an ihn adressierten Brief.

Ehrenwerter Yehl Perun,
zur Zeit sind mir nur zwei Fälle an der Akademie bekannt, die dein Leben ernsthaft bedroht haben, gern würde ich von dem Dritten erfahren.
Über die Folgen des letzten Ereignisses wird eine unabhängige Versammlung entscheiden, deren Urteil rechtlich bindend ist und sofort in Kraft tritt.
Leider kann ich Akia unmöglich zu dir in den Unterricht geben, sie muss von einem Lehrer der Akademie unterrichtet werden, besonders jetzt kann ich diese wichtige Aufgabe unmöglich an jemanden weitergeben, der an dieser Akademie nicht den Rang und das Ansehen eines Lehrers genießt.
Natürlich spricht nichts dagegen, Akia inoffiziell neben allem anderen Unterricht zusätzlich zu unterrichten, so wie es viele Schüler tun, um sich bei den Hausarbeiten zu helfen, sofern Akia dem auch zustimmt.




Bell saß schweigend am Tisch und aß. Rechts und links von ihr waren zwei freie Plätze, doch im Moment störte sie das nicht weiter. Noch immer war sie es nicht gewohnt, wie viel und verschiedenes Essen in der Akademie zu jeder Mahlzeit aufgetischt wurde, sodass sie sich ausgiebig mit den verschiedenen Schalen auf dem Tisch und deren Inhalt beschäftigte.

Nach dem Essen ging sie wieder zu Danas Unterricht. Jetzt, da sie alle Buchstaben schreiben und mit einigem Nachdenken auch benennen konnte, wurde die Aussprache unterrichtet. Bell kam sich ein wenig dämlich vor, wie ein Kind Worte zu suchen, die mit einem Buchstaben anfingen, aber es erstaunte sie, wie lange es manchmal dauerte, bis sie ein passendes Wort gefunden hatte. "... wie Akia", antwortete sie auf ein von Meisterin Danas Fragen. Die Lehrerin setzte eine säuerliche Mine auf. "Richtig", sagte sie widerstrebend, denn sie hatte auf ein Wort gehofft, nicht auf einen Namen.
Anschließend gab es eine kurze Einführung in Silben, denn aus ihnen wurden Worte zusammengesetzt und jeder Schüler lernte, seinen Namen zu schreiben. "Wie schreibt man Belladonna?"
Danas Gesicht verfinsterte sich. "Du bist als Bell in der Schule angemeldet? Warum hast du nicht deinen ganzen Namen genannt?"
"Es ist nur ein Spitzname", sagte Bell und machte ein trauriges Gesicht, "ich habe ihn bekommen, um mich damit zu ärgern."
"Na schön. Denk nach, dann findest du es sicher heraus."

Am Ende der Stunde hielt Dana Bell zurück. "Dein Dienst in der Bibliothek wird heute auf später verschoben. Bitte folge mir", sagte sie und ging geradewegs zur Tür heraus über einen langen Flur, ihre Unterichtsmaterialien neben ihr her schwebend.
Bell schaute auf den Gang. Er sah anders aus als die Gänge zu ihren Schlafräumen. Unbelebter, seltener benutzt, fast ein wenig düster. Die magischen Fackeln an den Wänden gaben grünliches Licht von sich. Und dann fragte sie sich, warum Dana nicht einfach die Tür öffnete und in den Raum ging, in den sie wollte, warum sie den Umweg über den Flur machte...

Ihr Ziel war ein großer, kreisrunder Raum. Wie in einem Amphitheater gab es eine Freifläche in der Mitte, doch sie war sehr klein und auf den immer höher werdenden Rängen saßen wie das Publikum viele Lehrer mit ernster Mine. Bell fragte sich, was sie jetzt schon wieder angestellt hatte und warum sie so angestarrt wurde. Die Blicke unterschieden sich. Einige waren voll Abscheu, so wie Meisterin Miras. Andere schauten fasziniert, als würden sie versuchen, sie zu lesen, unter den jüngeren Lehrern gab es Getuschel.
Meister Gerrith lächelte ihr zu.
Dana schickte sie auf einen leeren Platz in der ersten Reihe.

Akia blieb allein sitzen und wartete darauf endlich gehen zu dürfen. Sie hatte vermutlich den Unterricht bereits verpasst und das stimmte sie noch trauriger. Sie stand irgendwann auf, es musste gerade um die Zeit des Abendessens sein als sie erneut den Lehrer fragte ob sie das Zimmer nun verlassen könne, nachdem er dies bejaht hatte ging sie langsam und betrübt in die Bibliothek. Sie verkroch sich dort in eine Ecke weiter hinten und nahm ein Buch zur Hand. Sie las zwar behielt aber nicht viel vom Inhalt im Kopf. Sie war gespannt wie es weitergehen würde, was sollte denn jetzt aus ihr werden?

In der Bibliothek war es heute vergleichsweise laut. Aus der einen oder anderen Ecke drangen ab und zu Gespräche durch die Stille an Akias Ohr. Manchmal war es auch ein Kichern oder ein leises Flüstern, doch kam es immer von woanders. Die Bibliothek musste voller Schüler sein und ab und zu sah Akia sogar tatsächlich jemanden.
In ihrer Tasche raschelte es leise, dann fiel das kleine Buch heraus, dass sie am Morgen aufgehoben hatte.


Es wurde ruhig, als Castus den Raum betrat. Majestätisch und gelassen setzte er sich auf einen Platz gegenüber von Bell. Ihr Blick folgte bewundernd seinen eleganten Bewegungen. Wie er wohl aussah, wenn alle Zauber von ihm abfielen?
"Guten Abend. Gestern Abend habe ich jeden einzelnen bereits im Vorfeld informiert, sodass der Anlass dieser Versammlung bekannt sein sollte. Es gilt nun, zu beurteilen, ob die Schülerin Akia weiterhin an der Akademie unterrichtet werden darf oder sie verlassen muss. Sollte sie die Akademie verlassen, werden zur Sicherheit ihre Kräfte versiegelt werden, damit sie keine Gefahr mehr für sich und ihre Umwelt darstellt."


Bell sah sich um. Was hatte sie damit zu tun? Sorgfältig beobachtete sie die Anwesenden. Nie hätte sie gedacht, dass es so viele Lehrer gab, es waren weit über hundert. Dann fiel ihr das Gesicht des Mannes neben Castus ins Auge. Als er leicht seitlich den Kopf drehte, wurde ihr sofort klar, woher sie ihn kannte. Das Gesicht des Bürgermeisters war auf jede Goldmünze der Stadt geprägt. Vor Aufregung machte ihr Herz einen Sprung. War diese Angelegenheit so wichtig, dass der Bürgermeister sich persönlich hierher bequemte? Und warum war sie jetzt hier?


"Meister Arin", sagte ein Lehrer mit kurzem schwarzen Haar und stand auf, "ist es wahr, dass Ihr jene besagte Schülerin am Tag vor der Aufnahmeprüfung vor den Toren gefunden und hineingeholt habt?"
"Ja, Akia lag bewusstlos draußen", kam die prompte Antwort. Arin saß in einem der mittleren Räng und stand auf, als er angesprochen wurde.
"Und anschließend", er sah auf ein Pergament in seiner Hand, "hat sie Euch erzählt, was auf ihrem Bauernhof geschehen ist und dass sie möglicherweise die Ursache für die vielen Brände war?"
"Auch das ist richtig", sagte Arin nickend. Was sollte er auch anderes tun? Die Wahrheit verleugnen? Ein Raunen ging durch die Ränge.
"Also wusstet Ihr bereits vor Beginn des Unterrichts, dass dieses Mädchen bereits Kräfte hat, die es nicht kontrollieren kann und die zerstörerische und gefährliche Ausmaße besitzen." Es war eher eine Feststellung als eine Frage.
"Es ist durchaus normal, dass die ersten Anzeichen einer magischen Begabung sich bereits lange vor Unterrichtsbeginn manifestieren und natürlich kann jede kleine Flamme ein großer Brand werden, wenn man darauf nicht aufpasst. Ihr solltet das am Besten wissen, Meister Han."
Der Lehrer wurde tatsächlich etwas rot. Bell fiel erst jetzt auf, um wieviel jünger als Arin er eigentlich war. Vielleicht hatte Arin ja auch ihn unterrichtet.

Akia schaute nach dem Buch und "fing es wieder ein" Sie schaute es an während sie es in Händen hielt "Was bist du nur für ein seltsames stück.." das Buch hielt sie ein klein wneig von ihren Gedanken ab.

Akia war sich sicher, dass das Buch nicht hätte unschuldiger und harmloser aussehen können. Beinahe zu unschuldig und harmlos, doch offenbar wollte es irgendwie beachtet werden.
Es wog leicht in ihrer Hand.

Meister Han setzte sich und war für eine ganze Weile still, da ein amüsiertes Kichern durch die Runde gegangen war.
"Ihr wusstet also um die Gefährlichkeit des Mädchens und habt sie dennoch aufgenommen und als Stipendiatin vorgeschlagen", kam nun ein anderer Lehrer Meister Han zu Hilfe.
"Natürlich, schließlich muss sie lernen, ihre Gabe zu beherrschen und sie besaß kein Geld für die Ausbildung an der Akademie. Genau dafür ist das Stipendium da, Meister Richard, für Menschen, die sich das Gold für die Aufnahme nicht leisten können. Um ihnen eine Chance zu geben." Diese Worte stammten von Meisterin Dana. Sie war ebenfalls aufgestanden.
"So wie ich das verstanden habe, handelt es sich hierbei nicht um einen einmaligen Vorfall. Beim ersten Mal sind elf Schüler verletzt worden, beim zweiten Mal sieben und zwei Lehrer. Vier Lehrer waren beim letzten Mal anwesend, die ihren Ausbruch nicht verhindern konnten. Das zeigt doch wohl, wozu sie fähig ist und welche Macht sie hat, die sie nicht kontrollieren kann."
"Die Frage ist, ob dem nicht eine gewisse Fahrlässigkeit der anwesenden Lehrer zugrunde liegt, die eventuelle Vorzeichen nicht erkannt oder nicht beachtet haben", warf ein weiterer Lehrer ein.
Castus hob einen Arm auf Schulterhöhe und sofort wurde es ruhig im Saal. "Die Schuldfrage unter den anwesenden Lehrern wird nicht hier und heute geklärt, denn die Schuld oder Unschuld eines Lehrers ändert nichts daran, dass Akia ihre Magie nicht unter Kontrolle hat. Hier geht es allein um Akia." Er wollte diese Versammlung heute abgeschlossen sehen und auf keinen Fall morgen noch hier sitzen.

Indra stand auf. Sie war blass und hatte Augenringe, doch es schien ihr gut zu gehen. "Ich habe bereits mit Akia gesprochen. Beide Vorfälle tun ihr unheimlich leid und die hervergebrochene Magie war ein Versehen."
"Natürlich war es nur ein Versehen. Bei den möglichen Folgen würde jeder Schüler sich auf ein Versehen berufen, doch in der Schulordnung, gegen die sie außer Frage verstoßen hat, gibt es kein Versehen, nur die Tat." Vielleicht hätte sich Meister Richard mehr mit der Rechssprechung befassen sollen, statt Magier zu werden, fuhr es Bell durch den Kopf.
"Und war es tatsächlich ein Versehen? Sie hatte beim letzten Mal Streit mit einer anderen Schülerin, eine Schülerin, die sie bereits beim ersten... Unfall beinahe tödlich verletzt hätte. Es ist nicht auszuschließen, dass es dabei um etwas Persönliches geht..."
"Bell, tritt bitte vor", verlangte Meister Richard und vor ihr schob sich das Geländer beiseite, sodass sie direkt in den kleinen Kreis in der Mitte treten konnte.
Bell zog den Kopf leicht ein und sah sich ängstlich um. Wenn herauskam, dass sie den zweiten Ausbruch provoziert hatte... zwar unbeabsichtigt... trotzdem war es besser, wenn die vielen Lehrer Mitleid mit ihr hatten und in diesem Kreis zu stehen konnte durchaus beängstigend sein. Niemand würde sich wundern, wenn sie wie ein scheues Reh in diesem Kreis stand, der mehr einer Anklagebank glich.
Tatsächlich wurde Meister Richards Blick gleich viel weicher. "Bell, du bist hier in einer offiziellen Versammlung. Ich muss nicht erwähnen, dass du verpflichtet bist, die Wahrheit zu sprechen. Du warst dabei. Beide Male, berichte davon."
Sie schaute schüchtern in die Runde. Dana, Arin und Indra nickten ihr aufmunternd zu. "Wir waren im Krankenzimmer wegen einigen Verletzungen vom Vortag. Ich saß auf dem Bett... Durch den Vorhang konnte ich nichts weiter von dem Zimmer sehen. Plötzlich knallte es, weil das Fenster hinter mir explodierte und ich wurde nach vorn geschleudert, gegen den Vorhang. Und dann..."
Bell wusste, dass ihre Aussage Akia belasten würde, das wollte sie nicht. Sie machte ein betrübtes Gesicht. "bin ich in einem Krankenbett wieder aufgewacht."
Richards Lippen wurde schmal. Er hatte auf eine bewegende Erzählung gehofft, die die Lehrer auf seine Seite ziehen würde. Vielleicht hätte er vorher mit dieser Schülerin sprechen sollen. "Was ist mit deiner Heilung? Fünf Lehrer haben mehrere Stunden damit zugebracht, dich von der großen Fensterscherbe zu befreien."
Bell schaute unbehaglich. "Ich erinnere mich nicht", sagte ängstlich und sah Richard mit großen Augen an. Das entsprach sogar teilweise der Wahrheit.
"Was ist mit dem Jungen, mit dem du gesprochen hast, bevor du Ohnmächtig wurdest?"
Richard lehnte sich nach vorn, um auf sie herab und in ihre Augen zu schauen.

Vor lauter Aufregung lief Bell der Schweiß den Rücken hinunter. Sie erwiderte seinen Blick wie ein Lämmchen vor der Schlachtbank und erkannte schnell, dass sie ein leichtes Opfer vor sich hatte. "ICH... ERINNERE MICH NICHT", sagte Bell noch immer ängstlich, aber mit einem gewissen Unterton, weil sie sich wiederholen musste. Meister Richard nickte nur verständnisvoll.

Meister Arin suchte Castus' Blick. Der Schulleiter sah kurz zu ihm und nickte kaum merklich und bestätigte somit seine Vermutung. Bells Dreistigkeit war unglaublich, doch er war sich sicher, dass sonst niemand etwas davon mitbekommen hatte und diese Lüge könnte dazu beitragen, dass Akia an der Schule bleiben durfte.

"Das ist bedauerlich", fuhr Richard dann fort, "aber wahrscheinlich schützt dieses Vergessen dich auch. Wie dem auch sei, es gab ein weiteres trauriges Ereignis. Akia und du, ihr habt euch vorher gestritten. Wie ist das abgelaufen."
"Naja..." Bell stockte. "Wir haben uns halt beschimpft und Dinge an den Kopf geworfen, die nicht sehr nett waren. Es ging um irgendeine banale Kleinigkeit, die sich hochschaukelte." Auch das stimmte so weit. Jeder hatte das in der Nacht hören können.
"Du warst sicher fürchterlich wütend. Hat Akia sich je dafür, dass sie dich beinahe getötet hat, entschuldigt?"
Bevor Bell antworten konnte, erhob sich ein anderer Lehrer. "Meister Richard, es geht hier darum, ein gerechtes, unvoreingenommenes Urteil zu fällen. Dafür sind auch unvoreingenommene Zeugen nötig."
Bell sank das Herz. Hatte es doch jemand gemerkt? Sie schaute den sprechenden Lehrer genauer an und die Erkenntnis traf sie wie ein Schlag. Als sie diesen Lehrer das letzte Mal gesehen hatte, war sie noch nicht auf der Akademie gewesen und hatte kurze Zeit später seinen abgeschnittenen Geldbeutel in der Hand gehabt, während er laut schimpfend den Marktplatz verließ. Er hatte sie vorher gesehen und sie hatte sich sein kurzfristiges Vertrauen erschlichen, doch in Merina einen Dieb zu suchen war wie die Nadel im Heuhaufen. Dass sie ihn jetzt treffen musste war ein mehr als dummer Zufall.
"Neben den Verletzungen, die Bell erlitten hat, ist sie meines Wissens nach dreimal für Vergehen gegen die Schulordnung bestraft worden. Akia war jedes Mal anwesend, kam jedoch davon. Bell kann gar nicht unvoreingenommen sein."
Tatsächlich schoss Bell die Röte ins Gesicht. Eher aus Wut denn aus Scham, aber sie senkte betreten den Kopf, um wenigstens ihre Rolle zu Ende zu spielen.
Stimmen wurden laut, die Bells Ausschluss als Zeugin forderten und Richard musste ihnen nachgeben. Zwar war sie jetzt nicht mehr in die Situation gedrängt, dass sie Akia belasten musste, aber dafür war sie bloß gestellt worden. Viel besser.

Bell wurde aus dem Saal geführt. Nachdem sie allein vor der Tür stand und zum Gehen aufgefordert worden war, wischte sie sich erleichtert mit der Hand über die Stirn, dann ging sie in die Bibliothek, um ihre Stunden beim Bibliothekar abzuleisten.

"Was fang ich bloß mit dir an?" fragte sie das Buch in nachdenklichem müdem Ton. Sie seufzte und rappelte sich schließlich auf. "Irgendwas an dir ist in jedem falle merkwürdig.. du solltest nicht bei mir bleiben.." sie ging durch die Bibliothek ein wenig ratlos denn sie war nciht sicher von wo sie gekommen war oder an wen sie sich in dieser Sache wenden sollte. Irgendwann war sie wieder müde und setzte sich, das Buch noch in der Hand in einen der Sessel.

Kurz stocke Yehl als er das Dokument sah. Und eigentlich wollte er es nicht, aber Wut keimte in ihm auf. Wut die er nicht erklären konnte, vermutlich über das scheitern seines Planes und seiner Dummheit, weil er viel zu offensiv vorgegangen war. Blitze umzuckten seine Finger und der Brief fing Feuer. Er ließ ihn eine Weile brennen bis er sicher war das dieser vernichtet war. Dann löschte er ihn mit einer wütenden Geste und etwas Wind.
Das Studium war wichtiger und so versank er wieder in seinen Büchern.

Wie zur Bestätigung schienen die Seiten des Buches leicht zu knistern, die Ecken stülpten sie wie Eselsohren um, doch das kleine Schloss hielt das Buch fest verschlossen.

Bell überlegte noch immer, ob sie das Richtige getan hatte. So lange man ihr nicht auf die Schliche kam, war es ja in Ordnung... In ihren Augen hatte sie gut daran getan, sich nicht von dem Lehrer zum Durchsetzen seiner Meinung benutzen zu lassen.
Gedankenversunken schaute sie auf die Buchtitel und versuchte manchmal, sie zu entziffern. "Mhm...", flüsterte sie kaum hörbar, "a... gh... iih... eehh..." Sie reihte die Buchstaben aneinander. "Magi-eeh." Das ergibt doch keinen Sinn, dachte sie bei sich dann klickte es. Magie. Aber warum war dort ein "E" am Ende?
Sie bog um ein Regal und sah einen vertrauten roten Haarschopf. Schnell sprang sie zurück und suchte sich einen anderen Weg zu ihrem Zielregal. Jetzt, nachdem sie dieser merkwürdigen Versammlung beigewohnt hatte, wollte sie Akia erst recht nicht begegnen. Bell war sich sicher, dass Akia sie nicht gesehen hatte.

"Ach hier hast du dich versteckt, du verdammtes Miststück", sagte eine weibliche Stimme. Ein Mädchen war zu Akia getreten und blickte auf das Buch. Sie war klein, noch kleiner als Akia, hatte flammendes Haar bis zur Hüfte und giftige grüne Augen. Um sie herum schien die Luft vor Magie zu knistern. An ihrem Ärmel war kein Band einer Klasse zu sehen, doch sie trug die Uniform der Schüler.
Das Schloss des Buches sprang auf und die Seiten flatterten, bis das Buch sich in die Luft erhob und nach oben davon flog. "Drecksstück!", rief das Mädchen und warf etwas hinter dem Buch her. Es prallte von einem Regal ab.
"Sowas versteht Castus unter kreativem Unterricht." Sie sagte nicht: "Meister Castus".
"Seit Stunden suche ich dass dumme Ding, aber es versteckt sich einfach verdammt gut und seitdem es den Weg in die Bibliothek gefunden hat, bin ich nur noch am Suchen", meckerte sie. Dann schaute sie Akia verdutzt an. "Hast du nicht gestern den Garten in die Luft gejagt?"

"Das ändert nichts daran, dass Akia keine Kontrolle über ihre Magie hat."
Meister Richard war verärgert. Er hatte sich mehr von Bell als Zeugin erhofft. Vielleicht hätte er einen anderen Schüler wählen sollen. Den Jungen aus der Soldatenfamilie vielleicht. Nach dem Streit war er sich so sicher gewesen, dass Bell nicht auf Akias Seite stehen würde.
Arin stand wieder auf. "Akia hat im Unterricht mehrfach gezeigt, dass sie in der Lage ist, Magie kontrolliert und dosiert anzuwenden. Ihre Probleme treten erst auf, wenn sie unter großem Emotionalem Stress steht."
"Sie muss also lernen, ihre Gefühle zu kontrollieren, nicht ihre Magie", pflichtete Meisterin Dana ihm bei und Arin schenkte ihr ein Lächeln und einen dankbaren Blick.
"Was ist mit dem Ruf der Akademie?" Ein weiterer Lehrer war aufgestanden. "Sie hat mehr als zehn Schüler verletzt. Viele Familien derer sind einflussreich und wohlhabend. Sie werden Konsequenzen und Ergebnisse sehen wollen. Akia muss angemessen bestraft werden, sonst werden sie sich nicht zufrieden geben und den Ruf der Akademie für eine Schülerin leiden zu lassen wäre untragbar."
"Es gibt Präzedenzfälle für beide Richtungen." Castus war aufgestanden und sprach mit seiner fließenden Stimme. "Es ist eine Sache, jemanden von der Schule zu verweisen. Für den Verwiesenen bringt es Unbehagen in mehrfacher, aber es ist lange nicht so schmerzhaft wie ein Versiegeln der Magie desjenigen. All jene, die das so leichtfertig fordern, haben weder Kenntnis von diesem Prozess noch von dessen Folgen." Stille kehrte ein.
"Nimmt man jemandem seine magische Begabung, entreißt man ihm einen bedeutsamen Teil seiner selbst. Die entstehende Leere macht viele Wahnsinnig, weil sie nicht gefüllt werden kann. Die Person ist dann keine magische Bedrohung mehr, kann aber durchaus ihrem Umfeld gefährlich werden. Nicht selten kommt es zu Ersatzhandlungen, die in Gewalt und dem Tod der Person enden. Aus genau diesem Grund ist der Bürgermeister anwesend. Reduzieren wir die Gefahr für die Akademie, die von Akia ausgeht, schaffen wir eine neue für die Stadt."

Nach einem Moment der Ruhe, kam ein "dann wird sie auch aus der Stadt verwiesen." Castus lächelte. Das hatte er erwartet. "In die Wälder zu den Dämonen? Das käme einem Todesurteil gleich. Dann könnte sie genausogut in Merina auf den Richtblock steigen." Sein Blick bohrte sich in den anderen Lehrer. "Keine ihrer Taten wiegt schwer genug, sie zum Tode zu verurteilen."
"Akia sollte zusätzlichen Unterricht bekommen, in dem sie lernt, ihre Emotionen zu kontrollieren", meldete Gerrith sich zu Wort.

Akia schaute das Mädchen an und wurde so rot wie ihr Haar. Sie nickte und schaute betrübt zu Boden. Jetzt da sie es erwähnt hatte kamen die Gedanken wieder zu ihr. "Tut mir leid... das ich dein buch hatte... ich.. hab es gefunden... und naja.. ich wusste nicht wem es gehört.. es hatte auch kein band und.." stammelte sie kleinlaut seufzte dann aber und brach ab. Den Garten in die Luft gejagt.. was für eine form,ulierung vermutlich hatte ohnehin bereits die ganze Schule anst vor ihr.

"Ach was, ich wette, das Buch ist einfach vor dir aufgetaucht und hat versucht, einen unschuldigen Eindruck zu machen. Das kann es so gut, wie ein Buch das nur können kann. Ich habe das Miststück schon durchschaut.
Allerdings frage ich mich, mit welchem Zauber Castus es belegt hat, dass es sich so klug verhält. Oder er steuert es selbst. Ich habe noch keinen Zauber entwickelt, wie ich es aufspüren kann, dazu muss ich es nämlich erst einmal haben."
Das Mädchen schaute Akia an. "Was denn? Warst du es nun oder nicht? War ziemlich lustig, Castus hat mitten im Satz aufgehört zu reden und die Augen verdreht, dann war er verschwunden... Da oben!", rief sie aus und schoss einen Feuerball in Richtung des kleinen Buches. Einen Feuerball mitten in der Bibliothek.
"Oh scheiße", fluchte sie und belegte die umlegenden Regalreihen mit einem Schild, damit keine Bücher versengt wurden, doch das kleine flatternde Notizbüchlein entkam.
"Sei bloß froh, dass du ordentlichen Unterricht hast. Ich kriege immer die bescheuertsten Aufgaben von Castus. Übrigens habe ich den Garten auch in die Luft gejagt. War die beste Methode, ihn von dem Unkraut zu befreien." Sie kicherte und erweckte dabei den Eindruck eines Koboldes. Entgegen Akias Gedanken schien sie nicht ein bisschen Angst vor ihr zu haben.

Indra stieg die Stufen hinab um sich in die Mitte zu stellen. "Wie Bell war ich beide Male in unmittelbarer Nähe. Akia ist in der Lage, zu fühlen, dass etwas nicht in Ordnung ist und die Magie aus ihr herausbricht. Beim letzten Mal ging alles nur zu schnell. Vermutlich hat der Streit sie aus dem Gleichgewicht gebracht. Ein Gespür für dieses Gefühl kann sie sicher erlernen."
Sie berichtete kurz und bündig von den beiden Ereignissen. "Magische Unfälle sind an dieser Akademie vollkommen normal und vorbestimmt. Ich sah heute einen Schüler aus Meister Evans Klasse, der es nicht viel besser getroffen hatte als Akia. Er hatte lediglich das Glück oder Pech nur sich selbst und niemanden sonst zu verletzen, weil zufällig gerade keiner nah genug war. Das kann immer passieren."
"Aber Akia ist es bereits zwei Mal passiert", sagte Meister Han.
Indra rollte die Augen. Sie tat das nicht gern, aber wenn Han sich bereits zum zweiten Mal so weit aus dem Fenster lehnte... außerdem war sie müde und wollte, dass diese Versammlung bald vorbei war. "Han, wie oft hast du Meister Jagos Klassenzimmer gesprengt? Zehnmal? Und damit meine ich nur die unbeabsichtigten Fälle."
Meister Han wurde wieder still und schoss finstere Blicke auf Indra ab.

Langsam hatte auch Castus genug und ordnete eine Abstimmung an.

Akia nickte "Ja aber ich fand es ganz und gar nciht lustig" meinte sie ein wneig niedergeschlagen, dann schaute sie beeindruckt dem Zauber hinterher. "Meister Castus unterrichtet dich?" fragte sie erstaunt und klappte eiligst den mund wieder zu als sie merkte das er noch offen stand. "Vielleicht kommt es zu dir wenn du es nicht ärgerst?" versuchte sie auszuhelfen aber es klang unbeholfen und ein wenig ratlos.

"Ach, das wird schon wieder. Mach dir nichts draus, leben doch noch alle", sagte das Mädchen und schaute dem Buch hinterher. "Lustiger war sein Blick nur, als Raziel deine Mitschülerin in ein Kaninchen verwandelt hat. Egal wie ich mich anstelle, Castus hat eine Engelsgeduld, aber Raziel hat sich tatsächlich eine Ohrfeige von ihm dafür gefangen." Sie kicherte bei der Vorstellung.
"Seit dem glühenden Stein in der dämlichen Aufnahmeprüfung sind alle davon überzeugt, dass er der einzig richtige Lehrer für mich sei." Sie seufzte. "Ich kann das nicht beurteilen, weil ich ohne Mitschüler keinen Vergleich habe. Und ich darf niemanden zum Kampf herausfordern um es auszuprobieren."
Akia fiel der Name des Mädchens ein. Dea. Das Mädchen, das sich noch vor Beginn der Prüfung schon mit Lenny und Raziel gestritten hatte. Castus' Schülerin.
"Nein, seine Aufgabe ist es ja, vor mir zu flüchten und ich muss es einfangen, egal wie. Der Bibliothekar will mir nicht helfen. Ich habe schon versucht, es anzulocken. Mit anderen Büchern, Süßigkeiten, netten Worten... Es hilft alles nichts, ich muss einfach schneller und klüger sein... und ich muss es alleine tun. Eine Falle hat mir auch nicht geholfen und siehst du, jetzt verhöhnt es mich auch noch!"
Wütend verschränkte sie die Arme und sah zu, wie sich das kleine rote Band, das als Lesezeichen benutzt wurde, wie eine herausgestreckte Zunge kräuselte. Ratlos schoss sie einen Blitz darauf ab, der nicht den gewünschten Erfolg hatte. "Na warte, dich kriege ich noch", sagte sie leise. "Wahrscheinlich will Castus mich auch einfach nur ärgern. Gleich am ersten Tag hat er mir ein paar kräftige Kräuter unter den Tee gemischt umd meine Willenskraft zu testen. Kann mir nicht vorstellen, dass das erlaubt ist, aber interessieren wird es auch keinen."
Dann war das Buch plötzlich verschwunden.


"Entweder wird Akia der Schule verwiesen und ihr werden sämtliche magische Fähigkeiten genommen oder sie darf bleiben, bekommt zusätzlichen Unterricht und eine entsprechende Strafe."
Castus stellte eine Urne auf, ging sicher, dass sie leer war und belegte sie mit ausreichend Schutzzaubern, dass die Wahl nicht gefälscht werden konnte. Dann forderte er die anwesende Lehrerschaft auf, sich zu entscheiden. Die Möglichkeit, sich zu enthalten, gab es nicht. Wer an einer solchen Versammlung teilnahm, vertrat eine Meinung.
Jeder Lehrer platzierte seine Antwort auf andere Weise in der Urne. Manch einer schnippte mit den Fingern, ein anderer murmelte einen Zauberspruch, Arin beschwor einen kleinen Zettel, den er per Hand beschriftete und in die Urne schweben ließ. Aus anderen Fingerspitzen ergoss sich buntes Licht, dass durch den schmalen Spalt floss, doch als Castus am Ende die Urne auskippte, um die Stimmen auszuzählen, waren die kleinen gefalteten Zettel alle gleich.

Akia nickte nur. Dea schien an sich ganz nett, doch irgendwie war sie auch seltsam. Sie machte sich garnichts daraus, Magie schien für sie weder gefährlich noch groß nachdenkenswert und ein wenig verwunderte das Akia. "Sie haben heute Abend eine Versammlung.. bei der sie entscheiden ob ich bleiben darf oder ob Castus mir die Magie einfach nimmt.." meinte Akia kleinlaut und nochimmer war sie nicht sicher was ihr lieber war. "Und ich muss den Garten neu bepflanzen.." erwähnte sie und schaute dann dem Buch nach das über ihnenn schwebte und schließlich verschwand. "Du bist wirklich sehr begabt" meinte sie mit einem leichten Lächeln denn dea schien ihre Gabe sehr gut unter Kontrolle zu haben und noch dazu schien sie eine außerordentlich starke gabe zu haben.

Deas Kopf fuhr herum. Entsetzt und mit großen Augen schaute sie zu Akia. "Die Kräfte nehmen? Das geht? Wie entsetzlich!", rief sie aus und schüttelte den Kopf, als wollte sie diese Vorstellung nicht wahr haben.

Etwas legte sich bei Bell auf die Schulter und sie fuhr entsetzt herum. Ein kleines ledergebundenes Buch lag plötzlich darauf und fiel zu Boden, als sie sich abrupt umdrehte. "Nanu", murmelte sie, "das war doch eben noch nicht da." Sie hob es auf und bemerkte das Schloss. Auf dem Einband und dem Buchrücken war keine Aufschrift. Merkwürdig, dachte sie und wurde von einer gewissen ungesunden Neugier gepackt. Mit einer Nadel, die sie zu diesem Zweck stets mit sich führte, stocherte sie im Schloss herum. Es sprang plötzlich auf, obwohl Bell sich sicher war, es noch nicht geknackt zu haben. Dann begannen die Seiten wild zu flattern bevor sie einen Blick auf den Inhalt erhaschen konnte und das Buch erhob sich in die Luft. Wie ein verängstigter Vogel flog es vor ihr davon, zurück zu Dea und Akia.

"Nein, ich glaube, so etwas würde Castus nicht tun. Die Vorstellung davon jagt mir ja schon Schauer über den Rücken. Das war bestimmt nur eine leere Drohung."
Dea schüttelte noch immer den Kopf, dann band sie ihre langen Haare mit einem feinen grünen Samtband zurück. "Castus kann keiner Fliege etwas zu ..."
Sie wurde durch das kleine Büchlein abgelenkt, das aufgeregt flatternd um die Ecke schoss. Als hätte es bemerkt, vom Regen in die Traufe gekommen zu sein, wollte es kehrt machen, sobald Dea es erblickte. "Na warte!", rief sie aus, griff in ihren linken Ärmel und warf einen kleinen Dolch nach dem Buch.
Er durchbohrte die Seiten und blieb dann zitternd samt Buch in einem Regal stecken. "Na also, geht doch!", sagte Dea und rannte mit Anlauf zu dem Regal, sprang und blieb auf dem vierten Regalboden stehen, von wo aus sie weiter kletterte, statt zu schweben oder einfach die Leiter zu benutzen. "Castus weigert sich, mir das Schweben beizubringen. Er meint, ich müsse es selbst lernen...", rief sie erklärend.
Wie ein Fassadenkletterer hatte sie das Buch im Nu erreicht. Akia wurde dabei unweigerlich an Bell erinnert. "Hab ich dich kleines Biest." Dea hangelte sich wieder nach unten und band als erstes das Buch mit ihrem Haarband fest zu, damit es nicht mehr flattern konnte. Es hüpfte in ihrer Hand auf und ab und versuchte, sich zu befreien. "So langsam fange ich an, magische Gegenstände zu hassen... Mach dir um den Garten mal keine Sorgen, so schwer ist das nicht."

Castus drehte die Wahlurne um. Viele kleine Zettelchen ergossen sich auf den Tisch und er begann mit der Auszählung. Nach nicht allzulanger Zeit lagen zwei ähnliche Haufen auf dem Tisch. "Achtundsiebzig Stimmen dafür, dass Akia nicht an der Akademie bleibt, Sechsundachzig Stimmen dafür, dass Akia bleibt, bestraft wird und zusätzlichen Unterricht erhält", verkündete er. Es war ein knappes Ergebnis und ein Murmeln zog sich durch die Reihen der Magier. "Nun denn, es gilt das Strafmaß zu entscheiden", sagte Castus, ließ die Zettelchen verschwinden und setzte sich wieder.
"Akia sollte sich öffentlich bei den betroffenen Familien entschuldigen und demonstrieren, dass sie ihre Kräfte unter Kontrolle hat - nachdem sie das gelernt hat, natürlich." Der Vorschlag stieß auf breite Zustimmung.
"Zerstörtes Schuleigentum muss wieder hergestellt werden. Sowohl im Garten als auch im Krankenzimmer", forderte Meisterin Dana. "Dafür wird gesorgt werden, Akia hat sich in diesem Punkt schon dazu bereit erklärt", versicherte Castus.

Akia schaute Dea nach. "Warum denkst du sa es schlimm wäre wenn er das tut? Ich wäre dann wenigstens keine Gefahr mehr" meinte sie ein wenig niedergeschlagen. "Der Garten ist leider zimelich groß.. da werd ich ne Menge Armschmalz brauchen.." sie seufzte.
Dann schaute sie zu wie Dea das Buch einfing. "Du bist gut" meinte sie und lächelte leicht als Dea das Buch festband. "Ich hab dich bisher nur zur Aufnahmeprüfung gesehen, wohnst du nicht in der Akademie?" Fragte sie vorsichtig einfach um ein wneig ins Gespräch zu kommen... sich ein wenig abzulenken denn ruhe würde sie ohnehin nciht finden und obwohl sie sich müde fühlte wollte sie nicht auf ihr zimmer gehen oder schlafen.

"Ich kann es mir nicht vorstellen. Ich bin so mit der Magie verbunden, dass ich sie wirklich vermissen würde", antwortete Dea schulterzuckend. "Sie ist immer da, ich kann sie fühlen, Tag und Nacht. Es ist ein wunderbares Gefühl, die Vorstellung, ohne es zu sein erscheint mir schrecklich."
Das kleine Buch bildete Zähne und versuchte tatsächlich, Dea zu beißen. Sie presste es flach auf den Tisch vor Akia. "Armschmalz? Das geht doch mit drei Mal Fingerschnippen...", murmelte sie und konzentrierte sich darauf, den Zähnen auszuweichen.
Dea nahm ein sehr dickes und schweres Buch aus einem der Regale und ließ es auf das Notizbüchlein fallen. "Ich bin selten im Schulhaus unterwegs, meistens bin ich nur in Castus' Räumen und wohnen tue ich auch nicht in der Schule, sondern in der Stadt... was mache ich jetzt mit diesen Stück... Oh verdammt!", rief sie plötzlich aus, klemmte das kleine Buch zwischen zwei größeren Büchern ein und begann zu rennen. "Bis später!"
Akia spürte einen heftigen Wind an ihr vorbeifegen. Offenbar war der Bibliothekar nicht sehr erfreut über Feuerbälle in seiner Bibliothek und geworfene Messer, die in seinen Regalen stecken blieben.


In der Runde stand Indra erneut auf. "Im Krankenzimmer gibt es nichts mehr zu reparieren, aber jeden Tag neue Verletzte. Als Opfer spreche ich mich dafür aus, dass Akia einige Zeit bei den Patienten verbringt. Wohl, um ihre Strafe abzuleisten und gleichzeitig zu sehen, dass Magie auch Gutes bewirken kann."
"Im Krankenzimmer gibt es mehr als genug Heiler und Lehrer, meistens sogar mehr als Verletzte und Kranke", sagte Meister Han.
Der Bürgermeister erhob sich. Bisher hatte er kein Wort verlauten lassen und nur schweigend zugehört. "In den Straßen von Merina sterben jede Nacht viele Menschen. Viele davon könnten sicherlich mit Magie gerettet werden, denn nicht alle sind Verbrecher. Die Stadt würde sich der Akademie gegenüber sehr dankbar zeigen, wenn sie sich einigen Verletzten annehmen würde und die Bürger würden gleichzeitig einige Vorurteile der Akademie gegenüber verlieren."

Akia scharrte ein wenig mit dem fuß "Ich muss es ohne Magie lösen und selbst wen.. könnte ich sie vermutlich nicht gut genug beherrschen." meinte sie kleinlaut, dann rannte Dea los und Akia blieb zurück. Sie schaute nocheinmal zu dem Buch und streichelte es vorsichtig mit dem Finger "Nana du bist doch nicht etwa böse oder?" meinte sie leise und machte dann kehrt. Dea schien nett zu sein aber vorerst würde sie wohl vor dem bibliothekar fliehen. Akia dachte über ihre Worte nach und beschloss in den Garten zu gehen. Mit langsamen schweren Schritten schleppte sie sich vorwärts und als sie in dem verwüsteten Garten stand wo noch der Punkt der von ihr ausgelösten Explosion zu sehen war überkam sie ein trauriges gefühl. Ob es weh tat wenn Castus ihr die Magie nahm? Sie schaute zum Teich der voller Dreck war und ein wenig traurig und zerpflückt wirkte. Sie setzte sich ans Ufer und schaute zu wie der Wind kleine Wellen über das Wasser hüpfen lies. Ein Frosch quakte neben ihr, offenbar der letzte Gartenbewohner der noch nicht das weite gesucht hatte Akia schaute ihm zu wie er am Ufer saß und ebenfalls auf das Wasser blickte. Wenn sie es nicht besser gewusst hätte wäre sie der Meinung gewesen das er nachdenklich aussieht.

"Von Hand? Oh du Arme!", rief Dea aus, bevor sie losrannte. "Pass auf, dass das Buch nicht verschwindet!", hörte Akia noch, ehe Dea sich durch eine Tür rettete.
Wie zur Bestätigung schmiegte das Büchlein sich sanft an Akias Finger, doch es war immer noch durch Deas Haarband gebunden und konnte sich nicht allzuweit bewegen.

Der Garten wirkte wie ausgestorben. Die Schüler waren fast alle in der Bibliothek und die Lehrer auf der Versammlung. Der Frosch quakte und hüpfte dann ins Wasser, wo er zu einem einsamen, losgerissenen und treibenden Seerosenblatt schwamm und dort hinaufkletterte. Er quakte erneut, doch kam keine Antwort.

Bell rollte mit den Augen. Zwar war es aufgrund ihrer Größe und Höhe schwer, in der Bibliothek andere Schüler zu finden, doch sie waren zu hören. Drei Pärchen hatte sie schon überrascht. Hatten die älteren Schüler nicht Einzelschlafräume? Warum verzogen sie sich nicht dahin? Wollten sie gefunden werden? Bell war froh, noch niemandem begegnet zu sein, den sie kannte, abgesehen von Akia, der sie aus dem Weg gegangen war.

Kaum einer der Lehrer hatte tatsächlich Lust, Verwundete aus der Stadt zu versorgen. Magie war in ihren Augen viel zu kostbar, um sie an das einfache Volk zu verschwenden. Wenn Akia mit der Aufgabe betraut wurde, dann war das in Ordnung und den meisten egal. Niemand sprach sich dagegen aus und der Bürgermeister nickte zufrieden, denn diese wenigen Sätze würden sein Ansehen in der Stadt steigern.
"Gut, dann ist es so beschlossen."
Eine genaue schriftliche Formulierung für das Protokoll wurde noch festgelegt, dann schienen alle Lehrer so weit zufrieden zu sein.

"Akia, bitte komm mit mir." Meister Arin war leise an Akia heran getreten. "Die Versammlung hat sich geeinigt und ich muss dich zur Urteilsverkündung in den Saal bitten."

Akia drehte sich erschrocken um "Meister Arin..". Arins stimme lies sie sofort zittern. Sie schluckte und stand zögernd auf. Sie wurde augenblicklich wieder blass und ein dicker kloß bildete sich in ihrem Hals. Langsam folgte sie Arin und als er mit ihr in den riesigen Saal trat fühlte sie sich fürchterlich, sie spürte viele Blicke auf sich einige eher freundlich, aber manche bohrend und voller ärger, sie blickte nicht aus, nur zu Meister Castus und schaute ihn an, sie bemühte sich um ruhe.

Akia musste in der Mitte des seltsamen runden Raumes stehen bleiben während Arin wieder seinen Platz einnahm. Alle Blicke waren auf sie gerichtet, denn jeder wollte wissen, welches Mädchen hier so einen Aufruhr verursacht hatte. Selbst unter den sonst so erwachsenen Lehrern wurde viel getuschelt bis der Schulleiter aufstand.

"Akia, die Versammlung hat sich wie folgt geeinigt", las Castus ruhig von einer Pergamentrolle vor, "du wirst an der Akademie bleiben, aber die Konsequenzen tragen müssen. Für dich wird es zusätzlichen Unterricht zur Kontrolle deiner Fertigkeiten geben.
Aufgrund der Schäden, die deine unkontrollierte Magie angerichtet hat, wirst du wie folgt bestraft: Der Garten der Akademie ist von Hand vollständig nach einem festgelegten Plan wiederherzustellen. Es darf keine Magie benutzt werden.
Auf eine Einladung hin werden die Familien der verletzten Schüler für einen Tag Gäste der Akademie sein. An diesem Tag wirst du dich öffentlich vor allen anwesenden Familien, Schülern und Lehrern für den angerichteten Schaden und die Verletzungen entschuldigen.
Desweiteren wirst du bis auf weiteres jede vierte Nacht im Krankenzimmer dich um Verletzte kümmern, die nicht zur Akademie gehören, sondern verwundet in den Straßen Merinas gefunden wurden.
Ein Verlassen der Akademie entbindet dich nicht von diesen Strafen. Erkennst du dieses Urteil an?"

Akia nickte nur ehrfürchtig und brachte vor aufregung keinen Ton herraus. Diese Strafe war wohl das mindeste so wie sie fand und sie hoffte das es überhaupt jemanden interessieren würde wenn sie sich entschuldigte. Es tat ihr leid und sie wollte ihr bestes geben um nicht nocheinmal soetwas geschehen zu lassen. Sie fragte sich wer hr beibringen würde ihre Kraft zu zügeln und ob in zukunft auch schühler ihr derart verachtende Blicke zuwerfen würden wie einige der Lehrer hier. Hier in der Mitte zu stehen war mehr als unangenehm und sie hoffte bald davon erlöst zu werden.

Als Akia nickte erfüllte ein eigenartiges Leuchten die Pergamentrolle in Castus' Hand. "Gut. Von nun an kann dich nichts außer dein Tod von der Erfüllung dieser Strafe befreien", sagte er und rollte das Schriftstück zusammen. "Das Urteil dieser Versammlung ist rechtskräftig und bindend, mit Erfüllung der Strafen ist jegliche Schuld Akias abgegolten."
Wie nach einer zu langen Unterrichtsstunde standen die Lehrer auf, manche gähnten, und verließen den Saal. Einige hatten es etwas eiliger, die anderen blieben noch und schwatzten, Akia schenkte kaum einer Beachtung. Arin winkte ihr kurz, dann hakte sich Meisterin Dana unter seinen Arm und die beiden verließen lächelnd den Saal.
"Du hast es geschafft", sagte Indra fröhlich hinter ihr. "Ja, das bisschen Arbeit hast du im Nu wieder raus", meinte Gerrith, der sich ebenfalls dazu gesellt hatte.
Castus war bereits verschwunden.